Naihanchi - Karates wichtigste Kata? Teil 1

Naihanchi – Karate´s wichtigste Kata?

Teil 1

 

 

内歩進

Die Kata Naihanchi gilt als Herzstück des Shuri Te bzw. Shorin Ryu Karate. Fragt man die Meister des Shorin Ryu, welche Kata die wichtigste ihres Stils ist, wird man häufig „Naihanchi“ als Antwort erhalten. Ähnlich verhält es sich mit der Kata Sanchin, wenn man einen Goju Ryu Lehrer fragt.

 

 

Bevor Itosu Anko vor rund 110 Jahren die Pinan Kata entwickelte, war die Naihanchi Kata in der Regel die erste Form, die ein Anfänger erlernte. Heute wird diese Kata als „zu einfach“ abgetan, und wird daher in vielen Dojos als Anfängerkata abgetan. Aber warum beharren die Meister in Okinawa auf der Wichtigkeit der Naihanchi? Was ist ihr Geheimnis?

 

Der erste Teil dieses Blog Artikels befasst sich mit der Geschichte der Kata.

 

 

Geschichte und Entwicklung der Naihanchi

 

 

Die Herkunft der Kata Naihanchi ist, wie dies bei vielen Kata des Karate üblich ist, weitgehend ungeklärt. Sicher ist, dass sie zu den „alten“ Formen des Karate gehört, und in ihrer ursprünglichen Form seit vielen Generationen in Okinawa unterrichtet wird.

 

Doch sehen wir uns zuerst den Namen der Kata an, da dies oft Rückschlüsse auf ihre Bedeutung oder ihre Herkunft erleichtert.

 

Es gibt viele verschiedene Schreibweisen für die Kata, sowie es eben auch verschiedene Möglichkeiten der Aussprache gibt. Vornehmlich wird die Kata als Naihanchi, Naifanchi oder Naifuanchi ausgesprochen. Die vorwiegenden Schreibweisen in Kanji sind wie folgt:

 

Sehen wir uns die Kanji im Einzelnen an.

 

Die konstante Komponente in allen Schreibweisen ist das Zeichen , welches als „innen“ oder „darin“ bzw. „dazwischen“ gelesen werden kann. Einige der anderen Schriftzeichen möchte ich hier aufführen:

 

 

          Krieg oder Schlacht

 

          Reisfeld

 

          gehen oder Schritt

 

          voran oder vorwärts

 

          Muster (wie in Kata)

 

          Platzierung

 

 

Bei all diesen Übersetzungsmöglichkeiten kann man leicht verstehen, warum die Kata oftmals mit „Kämpfen im Reisfeld“ übersetzt wird, was vermutlich eine der besten Hinweise liefert. Sieht man sich den Enbusen, also das Bewegungs- und Schrittmuster an, so kann man sehr schnell erkennen, dass man sich ausschließlich seitlich bewegt. Reisfelder sind in Furchen,  Gräben und Dämmen angelegt, und somit ergibt sich nur ein schmaler Weg, auf dem man sich überhaupt bewegen kann, also eine seitliche Bewegung. Vermutlich ist es aber so, dass die ursprüngliche Bezeichnung der Kata etwas völlig anderes bedeutete, da oftmals bei der Übersetzung der Sprachen (von Chinesisch oder Uchinaguchi in das Japanische) Fehler gemacht wurden, und der eigentliche Sinn so verloren ging.

 

Schreibweise für Naihanchi, wie sie von Mabuni Kenwa (Begründer des Shito Ryu) verwendet wurde
Schreibweise für Naihanchi, wie sie von Mabuni Kenwa (Begründer des Shito Ryu) verwendet wurde

Schreibweise für Naihanchi, wie sie von Mabuni Kenwa (Begründer des Shito Ryu)

 

verwendet wurde

 

 

 

Ursprünglich soll die Naihanchi eine sehr lange Kata gewesen sein, und man vermutet, dass diese von Itosu Anko, welcher die Kata nach eigenen Angaben von Matsumura Sokon erlernte, in die drei heute bekannten Teile (Naihanchi Shodan, Nidan und Sandan) „zerlegt“ wurde (Aragaki, 2000; Iwai, 1992). Auch für diese Theorie gibt es keine handfesten Beweise, jedoch würde diese Theorie erklären, warum die Kata als besonders schwierig erachtet wurde.

 

 

Relativ sicher ist, dass die Naihanchi einige Veränderungen durch Itosu erfahren hat. So soll Mabuni Kenwa diese Kata von Matayoshi Seihaku erlernt haben. Als Mabuni diese Version bei Itosu vorführte, soll dieser gesagt haben, dass Mabuni die alte Version der Kata erlernt habe, und er selbst (Itosu) diese verbessert hätte (Iwai, 1992, 2000).

 

 

 

Erste schriftliche Erwähnung dürfte die Naihanchi wohl in dem 1922 erschienenen Buch von Funakoshi Gichin, To-te: Ryūkyū Kenpō / 唐手 琉球拳法, erfahren haben. Hier nennt Funakochi eine Serie von Kata mit dem Namen Naihanchi, und verwendet dabei die Schriftzeichen ナイハンチ die er in diesem Werk noch dem Shorei Ryu zuordnet. Motobu Choki, dessen Buch Okinawa Kenpō To-te Jutsu/沖縄拳法唐手術 1926 erscheint, verwendet darin dieselben Schriftzeichen wie Funakoshi.

 

Motobu Choki und Funakoshi Gichin mit Bewegungen aus der Kata Naihanchi

 

 

 

Wenn man heute von Naihanchi spricht (ohne Angabe von Shodan, Nidan oder Sandan), meint man in der Regel die Shodan Version, die in allen bekannten Shorin Ryu Stile praktiziert wird. Aber auch in anderen Stilen werden Variationen der Naihnachi geübt, dies meist jedoch unter anderen Namen. So wurde die Kata im Shotokan Karate in Tekki (eiserner Reiter) umbenannt, und dort ebenfalls in drei Versionen (Shodan bis Sandan) unterrichtet. Weiter Variationen finden wir zum Beispiel im Tae Kwon Do, wo der Hyong (Form / Kata) Po Eun gepflegt wird, welcher massive Anleihen aus allen drei Naihanchi Versionen aufweist.

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0