Makiwara - Do´s und Dont´s

Mysterium Makiwara. Große, schwielige Hände und Knöchel. Das laute Bummern von Gliedmaßen gegen einen hölzernen Pfosten. Krachende Geräusche, die entstehen, wenn Schienbeine gegen sie Stämme von Bananenbäumen und Palmen getreten werden.

Sehe ich mir die Hände meines Lehrers Hokama Tetsuhiro Hanshi an, bekomme ich nicht nur Ehrfurcht vor diesem über 70-jährigen Mann, sondern auch ein Bisschen Angst. Sie sind beeindruckend! Ein Leben lang wurden sie täglich gegen alle möglichen Gegenstände geschlagen, vorzugsweise gegen die härtesten.

Nun, auch ich übe seit vielen Jahren an verschiedenen Makiwara, habe alle möglichen Formen durch, und eine große Anzahl von Makiwara entworfen und selbst gebaut. Und auch wenn ich bei weitem nicht das Niveau meines Lehrers erreicht habe, gibt es doch ein oder zwei Dinge, die ich zum Thema Makiwara zu sagen habe. Da es immer noch zu viele Missverständnisse in Bezug auf das Makiwara Training gibt, möchte ich hier einige Dinge für all die festhalten, die echten Fortschritt suchen. Denn eines ist sicher: Kein Makiwara, kein Karate!

 

  1. Makiwara ist NICHT zur Abhärtung

 

  1. Ein echtes Makiwara ist NICHT hart

 

  1. Ein Sandsack ersetzt das Makiwara Training NICHT

 

  1. Anfänger sollten IMMER vorsichtig arbeiten

 

  1. Offene Wunden sollte man NICHT ignorieren

Funakoshi Gichin, der “Vater des Shotokan” bei der Übung am Makiwara

Die Körperhaltung beim Makiwara Training

 

Gerade aus den in Punkt 1 genannten Gründen ist die Körperhaltung beim Makiwara Training das A und O! Wenn man Kraft nicht nur generieren sondern auch effektiv übertragen will, beginnt die richtige Körperhaltung schon bei den Füßen. Auch wenn man in  unterschiedlichen Stellungen üben sollte, sollte man gerade am Anfang darauf achten, dass man keine Position einnimmt, bei der die Füße „im Weg“ stehen. Eine offene, entspannte Stellung der Füße in Richtung Makiwara bietet sich hier an, weil man nun ausreichend Spielraum hat, um die Hüfte einzusetzen. Die Schultern sollten bei einem normalen Tsuki tatsächlich hinten bleiben, sodaß man auf den Einsatz der Hüftrotation angewiesen ist. Zudem werden die Schultern herunter gezogen, sodass man die Achselhöhle „schließt“. Jetzt spannt man leicht den Latsisimus an, damit der Arm mit dem Körper stabil verbunden wird.


Beim Makiwara Training wird man schnell feststellen, dass eine komplett gedrehte Faust, wie sie in vielen Stilen unterrichtet wird, nicht unbedingt für das Makiwara geeignet ist. Die „3/4“ Faust, wie sie in vielen Schulen in Okinawa geübt wird, findet besonders am Makiwara seine Verwendung. Bei der „komplett gedrehten Faust“ kommt es oft dazu, dass man die Faust erst nach Aufsetzen auf der Oberfläche des Makiwara dreht, und durch die entstehende Reibung zusätzlich Haut auf den Knöcheln verliert. Weitere Vorteile einer „3/4“ Faust werde ich in einem anderen Artikel sicher noch beleuchten.


Weiterhin gibt es nun verschiedene Methoden des Kontaktes am Makiwara. Die eine besteht darin, den Kontakt möglichst lange zu halten, sprich, die Faust nach dem Kontakt über die Hüftrotation weiter in das Makiwara zu drücken, und so dem immer stärker werdenden Widerstand entgegen zu wirken. Die andere Methode sieht vor, die Faust möglichst schnell zurück zu ziehen, und so dem Rückschlag des Makiwara zu entkommen. Beide Methoden haben gewisse Vorzüge, und ich empfehle daher, beide Methoden ausführlich zu trainieren. Grundsätzlich kann gesagt werden, dass man jede erdenkliche Karate Technik am Makiwara üben kann und auch sollte. Ohne entsprechende Vorbereitung sind allerdings Techniken mit den Fingerspitzen nicht ernsthaft zu empfehlen, wenn man schwerere Verletzungen vermeiden möchte.

 

Ein weit verbreiteter Irrglaube ist es, dass das Makiwara in erster Linie zur Abhärtung dient. Natürlich ist die Abhärtung der Gliedmaßen ein gewünschter Effekt des Makiwara Training, allerdings nur ein „Nebeneffekt“. Leider scheint es heute teilweise so, dass gerade große Knöchel und dicke Hornhaut ein angestrebtes Ziel der modernen Karateka ist. Selbstverständlich zeugen solche Attribute von einem ernsthaften Training der Abhärtung, sind aber nicht Zwangsläufig auch ein Indiz für die Meisterschaft am Makiwara oder die des Karate! Abgehärtete Hände und Füße sind natürlich die Grundvoraussetzung für eine optimale Kraftübertragung von Techniken, aber das eigentliche Ziel am Makiwara ist eben genau dies: Das Erlernen der Kraftübertragung in den Techniken. Dies vor allem unter den Gesichtspunkten des Karate, unter Berücksichtigung der richtigen Körpermechanik, und nicht dem vergeblichen Versuch, mit roher Körperkraft auf einen harten Gegenstand zu prügeln.

 

Auch wenn ein Sandsack auf keinen Fall ein adäquater Ersatz für ein Makiwara ist, sollte das Training an diesem Gerät nicht unterschätzt werden. Anders als das Makiwara verfügt der Sandsack über keine harte und ebene Oberfläche. Eine solche Oberfläche unterstützt die Stabilität des Hangelenkes besonders bei geradlinigen Techniken (Tsuki). Daher sollte ein ernsthafter Karateka auch am Sandsack üben, denn dessen Oberfläche ist teilweise uneben, gibt nach, und fordert die Gelenke um ein Vielfaches, wenn es um Stabilität geht.

 

Anfänger sollten sich an das Training am Makiwara erst langsam gewöhnen. Wie immer in den Kampfkünsten gibt es keine Abkürzungen, und eine Technik von Qualität braucht nun mal Zeit um zu reifen. Für den Anfänger ist es empfehlenswert, zuerst mit vorbereitenden Übungen (Liegestütze auf den Fäusten, Schläge mit weniger Kraft oder auf weichere Oberflächen) zu beginnen. Damit wird schon mal die Haut an die Belastung gewöhnt, und wird somit am Makiwara nicht gleich aufplatzen. Solche Verletzungen sind zwar in der Regel nicht besonders schlimm, führen aber zu Pausen in denen man nicht am Makiwara trainieren sollte. Permanent aufgeschlagene oder aufgerissene Haut sollte heilen, da sich sonst Entzündungen bilden können, die zu langfristigen Pausen führen können, oder sogar das darunter liegende Gewebe angreifen können. Train hard, train smart!

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Kommentare: 2
  • #1

    Bernd Hübner (Mittwoch, 13 März 2024 09:21)

    Meine Makiwaras habe ich aus Eschenholz gebaut, wobei sie sich von unten nach oben von drei- bzw. zwei- auf ein Brett (2,5cm dick) verjüngen.
    Gepolstert sind meine Mak. mit einem 10mm-Moosgummi, darüber eine dünnes Leder.
    Am meisten benutze ich den Drei-Brett-Makiwara. Um den oben 10cm nach hinten zu drücken, braucht es 90 kg. Das schaffe ich mit einem Fauststoß. Mein Körpergewicht ist ca. 83 kg.
    Ein normales Training, das ich jeden dritten Tag mache, besteht aus 600 Fausstößen, 300 links und 300 rechts, in 30iger-Serien, die ich mit fast maximaler Kraft ausühre. Nach 200 Stößen mache ich jeweils 20x Rudern stehend, explosiv, mit 70kg Gewicht. Das ist die gegenläufige Bewegung zu den Fauststößen und als Ausgleich sehr wichtig.
    Am Ende stehen noch Dehnungsübungen der Beine und Hüftmuskeltraining.
    Die gesamte Trainingseinheit dauert ca. 60 Minuten.
    An den anderen Tagen trainiere ich Kraft und Ausdauer, jeweils zwischen 60 und 90 Minuten. Ich trainiere also 7 Tage pro Woche. Mein Alter " zur Zeit ": 70 !
    Seit 54 Jahren treibe ich Sport in ähnlicher Intensität.
    Meine Erfahrungen gebe ich bei Bedarf gerne weiter.
    Viel Spaß euch allen !

  • #2

    Andree Kielholtz (Mittwoch, 13 März 2024 12:33)

    Hallo Bernd,
    vielen Dank für deinen Kommentar. Weiterhin viel Spaß und Erfolg mit deinem Training!