Sanchin Atmung – Gefahr für Körper und Gesundheit? Teil 1

Angeregt durch eine Diskussion in einer Facebook Gruppe, die sich auf diesen Artikel in Verbindung mit der Kata Sanchin bezieht (https://www.akademie-sport-gesundheit.de/lexikon/pressatmung.html), möchte ich heute etwas über die Atmung in der Kata Sanchin schreiben. Eigentlich gehe ich gar nicht auf die Sanchin Atmung im Detail ein, denn das würde den Rahmen mehr als nur sprengen, und man müsste ein komplettes Buch darüber schreiben. Vielmehr möchte ich mit einigen Missverständnissen aufräumen, die nach wie vor durch die Köpfe der Menschen geistern. 

 

Wenn wir eine Demonstration einer extrem stark ausgeführten Sanchin Kata sehen, entsteht der Eindruck, dass der Ausführende die Luft anhält, sinnlos die Muskeln anspannt, sodass die Adern anschwellen bis der Kopf beinahe platzt. Dau gibt es selbst in Karate Kreisen unterschiedliche Meinungen. Die einen finden, dass die Kata genauso auszusehen hat, für andere ist diese extreme Härte inakzeptabel. Nun, die Sanchin ist zwar in verschiedenen Karate Stilen zu Hause, ist aber sicher eine Form, die im Naha Te (Goju Ruy, Uechi Ruy u.a.) als Schlüsselkata gilt. Dabei ist es gerade im Goju Ruy, dass man sich bei der Ausübung der Sanchin beiden Aspekten des Goju, widmet, dem harten und dem wichen Aspekt. Spannung und Entspannung sollten beide beachtet und geübt werden, sodass ein gesunder Mix entsteht.

 

 

Aber zurück zu dem oben genannten Artikel. Dieser bezieht sich auf etwas, dass im allgemeinen Pressatmung genannt wird, und auch unter dem Begriff Valsalva Manöver bekannt ist. Dabei wird die Luft mehr oder weniger angehalten, um so einen erhöhten Druck im Brustraum zu erzielen. Dieser erhöhte Druck soll in der Kraftentwicklung (Kraftsport) dabei helfen, durch erhöhte Muskeltension höhere Gewichte bewegen zu können. Und das funktioniert sogar! Gerade diese Valsalva Methode steht aber bei Kritikern unter Beschuss, da das Verschließen der Atmung in Verbindung mit dem erhöhten Druck im Brustraum zurecht in Verdacht steht, gesundheitliche Schäden zu verursachen. Vor allem das Herz kann bei häufiger und extremer Verwendung dieser Methode zu Schaden kommen, so zeigen gewisse Studien. Studien, die meiner Meinung nach recht Einseitig gehalten sind, und die medizinische Wirkung teilweise komplett ignorieren (https://de.wikipedia.org/wiki/Valsalva-Versuch).

 

 

Der genannte Artikel beschreibt zu dem etwas, das in der Übung der Sanchin überhaupt nicht relevant ist, da die Atmung innerhalb der Sanchin zwar ganz klar unter erhöhtem Druck ausgeführt wird, aber zu keiner Zeit angehalten oder gar verschlossen wird! Die sogenannte Ibuki Atmung, welche in der Regel mit deutlich hörbaren Geräuschen einher geht, nutzt ähnlich der Valsalva Methode, ein Verengen der Atemwege im oberen Bereich, verschließt diese jedoch zu keiner Zeit. Zudem verwendet man in der Übung der Kata die Bauchatmung, und ist bestrebt, den erhöhten Druck nicht auf den Brustkorb zu konzentrieren, sondern sie mehr auf den Bauchraum und auch in die Gliedmaßen zu verteilten.

 

 

 

Bei meiner Recherche zum Thema „Sanchin und medizinische Nebenwirkungen“ erbrachte mein Google Fu nur wenige ernsthaft relevante Treffer. Offensichtlich gibt es deutlich mehr Spekulationen und Fehlinterpretationen zu dem Thema, als es ernstzunehmende Untersuchungen gibt. Vor allem, weil wie oben beschrieben, oft zu geringes Wissen über die korrekte Ausübung der Kata besteht, und es zu unsinnigen Verknüpfungen wie eben Sanchin / Valsalva und anderen haltlosen Argument kommt.

 

Eine interessante Sicht biete Dan Djurdjevik in seinem Blog Artikel hier, in dem er auch einige wenige Quellen angibt.

 

 

http://www.wayofleastresistance.net/2008/12/goju-ryu-karate-and-health.html

 

 

 

Spannend ist folgender Artikel, den ihr auch als link unter Dans Artikel finden könnt:

 

 

https://docs.google.com/document/d/13pyepqKtLaAoH5n8snWyohEf3GFWzp8QS_U7pyTpu1g/preview

 

 

 

Dieser Artikel ist ein klares Beispiel für die von mir genannte Unwissenheit, und wirft mehr Fragen als Antworten auf. Dies vor allem, weil sich der Autor auf den erhöhten Blutdruck (Hypertonie) bezieht, der während der Übung entsteht. Nun, das ist bei jeder körperlichen Arbeit so, vor allem aber bei starker sportlicher Belastung. Und das ist auch gut so!

 

„Der Blutdruck ist der Druck, welcher in den Blutgefäßen und den Herzkammern vorherrscht. Wenn umgangssprachlich vom Blutdruck gesprochen wird, dann ist meist der arterielle Blutdruck gemeint. Das arterielle System ist also das Hochdrucksystem, welches das sauerstoffreiche Blut vom Herzen Richtung Organe transportiert.“

 

Und weiter:

 

„Unter Belastung steigt der systolische Blutdruck an. Dabei gelten Werte von bis zu 190-220mmHg gelten als normal. Höhere Werte entsprechen einer sogenannten Belastungshypertonie, die nach Ergebnissen verschiedener Studien) eine Ruhehypertonie vorhersagen kann.“

 

(Veränderungen des Blutdrucks unter Belastung und mögliche Effekte von Ausdauersport auf den Bluthochdruck (Hypertonie), https://www.sportanalytix.com/de/content/1021-blutdruck-unter-belastung.htm)

 

Also ist es vollkommen normal und auch sinnvoll, wenn der Blutdruck unter Belastung ansteigt. Wie bei allen körperlichen Belastungen ist nur die Frage, wie hoch er ansteigt.

 

Die einzige Untersuchung, die ich im Internet zu dem Thema finden konnte, ist diese:

 

 

 

http://www.olemiss.edu/orgs/karate/sanchin.html

 

 

 

Auch wenn hier keine große Anzahl von Probanden untersucht wurde, und diese Untersuchung damit sicherlich nicht als wissenschaftliche Studie zu werten ist, gibt es klare Erkenntnisse in Bezug auf den Blutdruck. Um einen Vergleichswert zu erhalten, mussten die Probanden drei Sätze Kniebeugen mit 12 bis 15 Wiederholungen mit 70 % des eigenen Körpergewichts absolvieren. Während dieser Übung und der Ausführung der Kata Sacnhin wurden sowohl EKG Werte als auch Puls und Blutdruck gemessen. Abschließend kommentierte der Arzt Kevin Seufert, welcher die Untersuchung durchführte, dass die Werte nach oben gingen, was aber bei starker körperlicher Belastung normal sei. Die Werte beider Übungen (Sanchin und Kniebeugen) wären annähernd identisch.

 

Im zweiten Teil des Artikels lege ich weitere Quellen vor, und wir beschäftigen uns mit dem Mythos der lebensverkürzenden Wirkung durch die Kata Sanchin.

 

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