Wooden Man – Oder was wir von Pinocchio lernen können


 

Da ich ja bereits in der Vergangenheit mehrfach zum Thema Wooden Man / Mook Jong / Ude Kitae (unter anderem hier) geschrieben habe, gehe davon aus, dass meine Leser wissen, was ein sogenannter Wooden Man ist. Aber für welchen Zweck verwendet man ihn überhaupt? Was sind Trainingsmethoden oder Zielsetzungen im Training, die ich mit Hilfe dieser hölzernen Puppe zu erreichen gedenke?

 

 

Wie beim Training mit dem Makiwara auch, entdeckt der Laie natürlich zu allererst den Nutzen des Gerätes in der damit verbundenen Abhärtung.  Wer noch nie mit einem solchen Wooden man trainiert hat, darf mir gerne glauben, dass dieser Aspekt sicherlich einen großen Anteil einnimmt. Hölzerne Arme, die ihrerseits kaum nachgeben, sind ein völlig anderes Spiel, als es das mit einem „menschlichen“ Partner ist. Unnachgiebig“ trifft es wohl sehr genau.

 

Der berühmte Ip Man an seinem Mook Jong
Der berühmte Ip Man an seinem Mook Jong

 

Aber ähnlich wie beim Makiwara ist der mit dem Training einhergehende Abhärtungseffekt nur ein Nebeneffekt. Ein gewünschter, aber eben nicht das Ziel des Trainings an sich.

 

Der Wooden man kann mehr, viel mehr, als man auf den ersten Blick erkennt. Er kann ein hervorragender Partnerersatz sein, wenn man alleine üben will oder muss. Das Beste daran: Er hat immer Lust, und kein Block ist ihm zu hart 😉

 

Für mich ist einer der wichtigsten Aspekte des Trainings das in den südchinesischen Stilen oftmals praktizierte „kleben der Hände“, Chi Sao oder (in Okinawa) auch Muchimidi genannt. Dabei wird versucht, permanent Kontakt zum Gegner zu halten, sobald dieser hergestellt ist, und somit Kontrolle über den Gegner zu haben, bzw. diesen unter Druck zu setzen. Dies erreicht man, indem immer eine Hand, ein Arm oder manchmal auch ein Bein am Gegner „klebt“.  Dabei kann es sein, dass man auf das im Karate so hervorgehobene Hikite, das Zurückziehen der Hand, teilweise oder gänzlich verzichtet.  Diese Umsetzung ist für Karateka anfangs sehr befremdlich, aber schon nach kurzer Zeit am Holzmann findet man die richtige Position der Hände, und entwickelt dabei seinen eigenen Fluß in den Techniken. Besonders interessant finde ich, dass sich daraus viele Erklärungen von abstrakt anmutenden, zweihändigen Bewegungen in den Kata ergeben. Denken wir zum Beispiel an die Eingangssequenz der Pinan Sandan, bei der die Arme, beinahe Windmühlengleich, auf und ab zu wedeln scheinen. Eine mögliche Anwendung wäre hier, dass beide Arme Kontakt zum Gegner halten, und Übergänge schaffe, oder auf unterschiedlichen Leveln den Gegner kontrollieren.

 

Um das Prinzip der klebenden Hände und das teilweise fehlende oder abgewandelte Hikite zu verdeutlichen, findet ihr im Video Bereich einen neuen Video zu diesem Thema.

 

In der ersten Sequenz zeige ich einen einfachen Übergang zwischen einem Block nach innen und nach außen. Dabei ist permanent ein Arm am Gegner, ohne die Kontrolle zu verlieren. Im nächsten Schritt ergänze ich diese Eingangsblocks mit (wahlweise) einer Handkante, einer Rückhandtechnik oder einem „Koken“ mit dem Handgelenk. Achtet dabei darauf, dass die Technik nach dem jeweiligen Schlag auf direktem Wege zum Arm des Gegners zurück geht, statt zur eigenen Hüfte, wie bei einem „normalen“ Hikite.

 

In der dritten und letzten Sequenz hänge ich an diese 3er Kombination noch eine Schlagserie an, welche komplett mit einer Seite ausgeführt wird. Dabei lernen wir die Verkettung von Techniken, bzw. dass auch hier der Arm nicht zwingen ein herkömmliches Hikite ausführen muss, sondern sich direkt in eine andere Technik „verwandelt“. Auch hier geht der schlagende Arm nach der Ausführung der Technik auf direktem Weg zum gegnerischen Arm zurück.

 

Versucht einfach mal, diese Serien in euer Training einzubauen. Kein Wooden man? Na, dann ab an den menschlichen Partner!!

Hier könnt ihr direkt zum Video gelangen

 

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