Struktur im Karate Training
Karate steht für viele Dinge. Doch sicherlich ist es nicht übertrieben zu behaupten, dass Karate für Struktur und Disziplin steht. So zumindest die Wahrnehmung von Laien.
Und ja, wenn man sich den typischen Dojo Betrieb anschaut, erkennt man jede Menge Struktur in Form von festgelegten Ritualen, dem Aufstellen und An- und Abgrüßen, eine klare Nomenklatur, einer fixen Abfolge von Aufwärmübungen und Basistechniken und vieles mehr.
Als ich 1986 das erste Mal meinen Fuß in ein Fitness Studio setzte, war das für mich wie eine andere Welt. Der Trainer war kein Sensei sondern Manni, der bunte Bizeps Look der 80er stand im krassen Kontrast zu meinem weißen Gi, und auch sonst war alles sehr viel individueller. Und dennoch gab es hier Strukturen, die deutlich klarer definiert waren, als ich es im Karate je erlebt hatte. Es gab nicht nur ein klar definiertes Ziel (z.B. heute die Rückmuskulatur), sondern es gab auch klare Vorgaben, wie genau dieses Ziel zu erreichen sei. Anders als in meinem Dojo, wo Techniken nach Laune des Sensei ad Infinitum praktiziert wurden, gab es im Gym Vorgaben, die es einzuhalten galt. Dabei war nicht nur das zu verwendende Gewicht eindeutig, sondern ich wurde auch erstmals mit Begriffen wie „Sätze“ und „Wiederholungen“ konfrontiert. Mit einem Wort, das Training hatte STRUKTUR! Diese Art der Struktur habe ich in meinem Krafttraining bis zum heutigen Tag beibehalten. Wenn ich morgens mein kleines privates Gym betrete, weiß ich sehr genau, was an diesem Tag ansteht. Übungen, Gewichte, Sätze, Wiederholungen, ja selbst die Abfolge steht bereits heute fest. Langweilig? Ja, vielleicht! Aber diese klaren Strukturen erleichtern den Trainingsfortschritt ungemein. Denn sie bringen zwei entscheidende Faktoren in mein Training ein, die ich im Karate (und auch in anderen Kampfkünsten!) schmerzlich vermisse. Messbarkeit und zielorientierte Anpassung.
Messbarkeit, weil ich mein Gewicht, die Wiederholungen und Anzahl der Sätze vorgebe, und sie somit vergleichbar zur Vorwoche sind. So weiß ich immer genau, ob ich Fortschritte mache, auf der Stelle trete, oder sogar Rückschritte mache. Auf diese Weise kann ich eine klare Linie ablesen und mein Training entsprechend adjustieren (zielorientierte Anpassung). In der Regel arbeite ich mit einem Trainingsplan 6 – 8 Wochen, bevor ich zu einem neuen Plan wechsle. Dieser basiert natürlich auf den Leistungen und Erkenntnissen des vorherigen Plans. Natürlich sind Fortschritte oft nur minimal, aber sie sind „ablesbar“ und daher kann die Lernkurve optimal gestaltet werden.
Vielleicht sollten wir unser Karate Training ähnlich gestalten. Weg von „es wird geübt, was man für die nächste Prüfung braucht“ hin zu „wir üben gezielt Fähigkeiten zu entwickeln, die uns körperlich und technisch weiterbringen“ 😉