Juji Uke - Kreuzen oder nicht?

Juji Uke – Der „Kreuzblock“

 

Gerade hatte ich den Hörer aufgelegt. Ein langes und, wie immer, ausführliches Gespräch mit meinem Freund Andreas Quast (unter anderem der Autor von „Karate 1.0“), bei dem wir wieder viele verschiedene Themen aus dem Bereich der Kampfkünste besprochen und diskutiert haben. Andreas hatte in Facebook einen interessanten Kommentar gelesen, den jemand auf ein Post geschrieben hatte. In dem Post ging es um den so genannten Juji Uke, oder auch bekannt als Kreuzblock.

Der Schreiber, ein anerkannter und sehr erfahrener Experte eines bestimmten Karate Stils, wurde von einem Kommentator mit einem Satz in der Art von „Was weißt du denn schon? Ich habe diese Technik (Juji Uke) von Meister soundso genau so gelernt, also ist sie so richtig!“

 

Nun, die Umgangsformen des „Kritikers“ wären alleine schon ein eigenes Thema. Die Aussage, dass eine Technik sicher richtig sein muß, weil Meist XY sie so gezeigt hat, halte ich aber noch für interessanter. Aber all das soll hier nicht das Thema sein, sondern vielmehr die Technik selbst.

Viele Jahre habe ich mit dem so genannten Kreuzblock herum experimentiert, und es gab sogar Zeiten, da habe ich sie sogar als nicht praktikabel eingestuft, und aus meinem persönlichen Training verbannt! Aber jemand wie ich, der sicher ist, dass es keine verschwendeten Bewegungen im Karate gibt, kann das natürlich nicht auf sich sitzen lassen. Also ging ich mit dem Juji Uke wieder „in´s Labor“. Was dabei heraus kam, deckt sich mit den Anwendungen vieler unterschiedlicher Stile. Aber dazu später mehr.

 

Für mich persönlich ist der Juji ein so genannter „zeitversetzter Block“. Wie die meisten „Blocktechniken“ setzt sich auch der Juji Uke aus zwei, zeitlich leicht versetzten Techniken zusammen. Im Prinzip könnte man ihn auch (zumindest wenn er in der Stufe Gedan ausgeführt wird) mit dem Gedan Barai gleichsetzen. Der eine Arm bewegt dabei die angreifenden Gliedmaßen nach außen, dr andere nach innen. Durch die (wenn auch minimale) zeitliche Versetzung ergibt sich folgendes Bild. Die erste Technik wehrt den Angriff (wenn wir bei unserem Angriff auf Gedan Level bleiben z.B. ein Mae Geri) ab, in dem sie den Tritt zur Seite „verschiebt“. Die darauf folgende Technik ist bereits ein echter Schlag, und attackiert z.B. das gegnerische Knie oder den Oberschenkel. Wie mir Andreas Quast bestätigte, ist dies auch die praktizierte Version in vielen Shorin Ryu Schulen. Es wird hierbei also NICHT mit beiden Armen gleichzeitig nach unten geblockt, da man bei einem harten Tritt dabei riskiert, dass einem beide Unterarme oder die Hände gebrochen werden können. Zudem bringt ein starkes nach unten blockieren eine Vorlage des Oberkörpers mit sich. Jeder halbwegs erfahrene Boxer weiß jedoch, dass ein zu starkes nach vorne lehnen des Oberkörpers immer den eigenen Kopf in die Schusslinie des Gegners bringt. So hat man zwar mit etwas Glück den ersten Tritt verhindert, wird dafür aber umgehend mit einem Schlag in´s Gesicht „belohnt“.

 

Noch interessanter finde ich jedoch einen Juji Uke auf Joden (über Kopf) Höhe. Auch hier wird von vielen Lehrern ein Szenario kreiert, bei dem der Angreifer mit einem Schlag oder Stich von oben attackiert. Auch wenn es sich hier um keine ungewöhnliches Szenario an sich handelt, halte ich eine solche Abwehr für weder angebracht und praktikabel, noch für sicher. Was wenn der Angriff nicht mit einem „Stöckchen“ erfolgt, sondern mit einer schwereren Waffe, wie zum Beispiel einem Eisenrohr oder einem Baseballschläger? Ein so ausgeführter Juji Uke würde „zerbrechen“ und man würde zu dem Schlag auf den Kopf auch noch einen auf beide Arme erhalten.

Was, wenn der Angriff mit einem Messer erfolgt? Selbst wenn man erfolgreich mit dem Juji Uke abwehrt, würden die eigenen Arme immer noch über dem eigenen Kopf stehen. Lässt der Angreifer die Waffe nun durch das abrupte Stoppen des Armes seine Waffe fallen, fällt sie mir mit hoher Wahrscheinlichkeit direkt auf den Kopf oder in´s Gesicht!

Sehen wir uns die zeitlich versetzte Methode noch mal an. Hierbei würde die erste Technik den Waffenarm zur Seite lenken, sodass mein Kopf / Körper aus der Angrifflinie genommen wäre. Die zweite Technik schlägt nun den Handrücken oder den Unterarm / Ellbogen (je nach Distanz) des Gegners, um so nicht nur den Waffenarm so lähmen, sondern evtl. sogar den Angreifer zu entwaffnen.

 

Wenn wir im Bunkai eine echte Analyse der Kata anstreben, müssen wir vielleicht auch manchmal nach „unorthodoxen“ Lösungen suchen, um die Techniken auch in der Welt außerhalb des Dojo zum funktionieren zu bringen. Dabei sollten wir immer in Betracht ziehen, dass eine Technik einen Schlag, einen „Block“, einen Hebel, eine Würgetechnik und vieles mehr darstellen kann.

 

Auch der Juji Uke bietet sich hervorragend als Würger oder Hebel an. Besonders wenn man den Kampf zum Boden bringt, stellt man beim „Rollen“ auf dem Boden schnell fest, wie hilfreich die Jacke unseres Gi sein kann. Greifen wir mit beiden Händen weit in das Revers am Hals unseres Partners hinein, entsteht ein so genannter „Jackenwürger“, der sehr schnell zur Bewusstlosigkeit führen kann.

 

Einer der Hebel, die sich aus einer Juji Uke Position ergeben können, ist der „Z-Hebel“, bei dem das Handgelenk des Gegners nach innen geknickt wird. Dabei bricht man sehr leicht die Balance des Angreifers, um anschließend weiterführende Techniken anzuwenden.

 

Abschließend muss ich wohl noch klarstellen, dass der Juji Uke sehr wohl auch ein echter Kreuzblock sein kann. Wenn man Hände und Unterarme aus Stahl hat, welche einem richtigen Tritt schmerzunempfindlich standhalten, erfüllt man schon die erste und notwendigste Voraussetzung. Nun sollte man noch in der Lage sein, eine sehr kraftvolle Abwärtsbewegung zu generieren, ohne dabei einen zu langen / tiefen Schritt zu machen, oder den Oberkörper nach vorne zu lehnen. Das geht! Auch wenn ich es bislang erst einmal gesehen habe.


Ein interessantes Video zum Thema Jui Uke mit Anwendungen findet ihr jetzt in unserem Mitglieder Bereich. Viel Spaß beim üben!!

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