Ist Karate Budo?

 

oder wie typisch japanische Verhaltensweisen im Karate adoptiert wurden

 

 

 

            In meinem letzten Martial Arts & Ways Artikel hatte ich es ja schon angedeutet. Huuhhh, und ich weiß, dass das zu heftigen Diskussionen und sogar Anfeindungen geführt hat. HA! Aber wartet es ab, wenn ich jetzt anfange heißt es TIMBER! FEIRIO! oder sogar HÄNGT IHN HÖHER! ?

 

 

Budo, scheinbar nur ein Oberbegriff für die Kampfkünste Japans, hat viele Facetten und noch mehr Interpretationen und Definitionen. Budo (Militär- oder Kriegsweg) ist Synonym für verschiedene Dinge, und wird von den modernen Budoka oft mit zwei weiteren Begriffen verwechselt: Bushido und Bujutsu. Dabei bezieht sich Bushido auf den Weg des Kriegers, Bujutsu auf die militärischen Methoden bzw. der Kriegskunst / Kriegsmethode. Wenngleich beide Begriffe sicher eng mit einander verwoben sind, beschreiben sie dennoch zwei gänzlich unterschiedliche Dinge. Werfen wir zuerst einen kurzen Blick auf das Bushido, den Weg des Kriegers. Dieser wird oft als heldenhafte Tugend glorifiziert, ausgeschmückt mit dem Epos des rittergleichen und ehrenhaften Samurai. Dabei muss uns klar sein, das es DEN Bushido nicht gibt, und auch nie gab! Bushido war immer eine Frage der Interpretation der jeweiligen Zeit, und reicht von ein paar einfachen Regeln für Gefolgsmänner bis hin zur völlig verdrehten Mystifizierung der Kamikaze Piloten im zweiten Weltkrieg.

 

 

Als Bujutsu kann man wohl die alten Kriegskünste Japans bezeichnen, welche sich mit bewaffneten und unbewaffneten Kampfmethoden, aber auch weitaus tieferen Strategien des Kriegshandwerkes beschäftigten. Hierzu gehören Methoden des Reitens, der strategischen Kriegsführung, schwimmen in Rüstung, Aufbau von Feldlagern und Wehranlagen und vielen anderen, kriegsrelevanten Faktoren und Prinzipien. Davon sind nur noch wenige Inhalte Teil der modernen Budo Künste, auch wenn manche von uns das nicht wirklich wahrhaben wollen. Zu groß ist der Wunsch, ein Samurai zu sein, dem Bushido zu folgen und alte, über Jahrhunderte überlieferte und unveränderte Kampfsysteme zu studieren. Mit dem heute überwiegend praktizierten und populären Budo hat das im engeren Sinne nichts mehr zu tun.

  

Die modernen Budo Künste wie Judo, Aikido, Kendo und auch Karate Do sind erst im letzten Jahrhundert zu den Künsten und Wegschulen formuliert worden, wie sie heute praktizieren. Zum Teil durchtränkt von Praktiken und Philosophien des Zen oder anderen buddhistischen Lehren, teilweise geprägt durch die alte japanische Shinto Religion, sind sie das, was sie vorgeben zu sein: Weg Schulen. Natürlich gibt es auch hier unterschiedliche Ausprägungen, und so verlieren manche dieser Weg Schulen eben diesen Weg immer mehr aus den Augen. Denn sie haben sich, im Zuge der Popularisierung und Verbreitung der körperlichen Ertüchtigung und dem sportlichen Wettkampf verschrieben.

 

Nichts desto trotz entspringen die Budo aus den Künsten des Bujutsu, den Kriegskünsten Japans, welche über Jahrhunderte ein primäres Ziel verfolgten: Die Ausbildung des perfekten Kriegers für den Kampf auf dem Schlachtfeld.

 

Doch zurück zum Karate. Heute als Budo Form anerkannt, hat das Karate eine gänzlich andere Entwicklung hinter sich, als die meisten anderen Budo Künste der Hauptinsel Japans. Natürlich hat man im Zuge der Anerkennung durch das Dai Nippon Butoku Kai eine große Anzahl von, sagen wir "Anpassungen" vorgenommen. Zu ihnen gehört unter anderem die Einführung des "Karate Gi" als einheitliche Trainingskleidung, das Kyu - Dan System, die Benennung von Stilen sowie den Aufbau eines (wenn auch teilweise bis heute rudimentären) Unterrichtsprogramm für jede Ausbildungsstufe. Aufgrund dieser Veränderungen hat sich das Karate immer mehr den anderen Budo Künsten angepasst, und wurde auf diesem Wege nicht nur "budo-isiert" sondern auch "japanisiert". Aber lasst uns dabei ein paar Dinge nicht vergessen. Diese Anpassung fand erst im letzten Jahrhundert statt. Karate (Te, Ti, Okinawa Te, Tode oder welcher Begriff auch immer zuvor in Okinawa gebräuchlich war), war NIE eine Methode die für das Schlachtfeld erdacht war! Wie Draegger und später auch McCarthy es so schön bezeichnen, war es vielmehr ein "civilian selfdefense method", sprich, eine Selbstverteidigungsmethode für den Gebrauch von Zivilisten. Hinzu kommt, dass obwohl der Buddhismus schon früh großen Einfluß auf den Ryukyu Inseln besaß, die ursprüngliche und volkstümliche Religion Okinawas unter den Noro und Yuta vorherrschte. Eine Verbindung zwischen beiden herzustellen ist jedoch an den Haaren herbeigezogen, da dies in Okinawa nicht der Fall war. Auch wenn sicherlich der ein oder andere historische Meister tief religiös war, dies aber nicht in Zusammenhang mit seiner Kampfkunst betrachtete, oder gar zu einem Teil des Stils werden ließ.

  

Japanische Gepflogenheiten haben den Alltag in Okinawa geprägt, und spätestens nach Auflösung des Königreichs der Ryukyu wurden japanische Gesetze und Gewohnheiten zur Regel. Somit hat sich das Karate immer mehr in Richtung japanischem Budo entwickelt, und kann in der Mehrheit heute sicher zu diesen gerechnet werden. Sein eigentliches Gesicht hat es auf diesem Wege verändert, dessen sollten wir uns bewusst sein, wenn wir heute von Budo und Traditionen sprechen.

 

 

 

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